Auferstehungsbäumchen --eine Hoffnungsgeschichte
Eigentlich war’s schade um das namenlose Bäumchen. In seinen besten Zeiten war es ein strahlendes grünes Topf-Bäumchen mit schönen Blättern.
Wir hatten es zum Einzug in meine Nürnberger Wohnung bekommen. Es schien ihm ganz gut zu gehen, bis es anfing im Herbst seine Blätter zu verlieren. Wir tippten auf die Heizungsluft und versuchten es mit mehr Wasser. Leider erfolglos.
Also kamen Dünger-Stäbchen zum Einsatz, es wurde umgepflanzt und alle Leute mit grünen Daumen wurden befragt. Leider ebenso erfolglos. Das Bäumchen verlor all seine Blätter, vertrocknete und landete im Kellerabteil um auf seine Entsorgung zu warten. Eigentlich schade um das Bäumchen, ich mochte es sehr.
Ich ging noch oft in den Keller, aber erst im Frühling fiel mir auf: Das Bäumchen hatte einige zarte grüne Blättchen und Triebe.
Und das, obwohl es im Kellerabteil kaum Licht gab und es nie gegossen wurde! Hatte ich mir etwas eingebildet?
Das Bäumchen also ans Tageslicht gezerrt und tatsächlich: Das totgeglaubte Bäumchen war quicklebendig und schien besser ohne unsere Hilfe zu leben. Es sah zwar etwas wilder und schwächer aus als zum Zeitpunkt des Einzugs, aber es schien ihm sehr gut zu gehen.
Mit einem kleinen Schuss Wasser stellten wir es in den Frühsommer hinaus und gaben es in den schützenden Schatten eines erfahrenen Gartenbaums. Auch die Hitze des Sommers überstand es mit seltenem Gießen.
In diesem Herbst haben wir dazu gelernt: Jetzt überwintert es weit entfernt von allen Heizungen im Hausgang. Und erinnert uns immer daran, dass totgeglaubt nicht automatisch tot ist.
Und einen Namen hat das Bäumchen jetzt auch: Auferstehungsbäumchen.
Gerhard Beck