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von Lea

Eine Buchempfehlung

Paul Kalanithi war ein Neurochirurg, bei dem im Alter von 36 Jahren Lungenkrebs mit Metastasen diagnostiziert wurde. „Der Tod, der mir bei der Arbeit so vertraut gewesen war, besuchte mich jetzt persönlich“ schreibt er in einer berührenden Autobiographie, die ich hier kurz vorstelle.

„Vor der Krebsdiagnose wusste ich, dass ich irgendwann sterben müsste, wusste aber nicht, wann. Danach wusste ich, dass ich eines Tages sterben würde, wusste aber nicht genau, wann. Allerdings war mir die Realität meiner Sterblichkeit nun wirklich bewusst.“ In beeindruckender Klarheit beschreibt Kalanithi, wie einerseits ihn „die monolithische Ungewissheit betäubte und der Tod hinfort den Sinn jede Handlung überschattete“, andererseits er aber an seinem Arzt-Sein festhielt und seine anspruchsvolle Facharztausbildung, inklusive Promotion, mit großer Selbstdisziplin weiterführte.

Der Verlauf seiner Erkrankung war sowohl von Hoffnung als auch von heftigen Rückschlägen geprägt. Dabei wirkte die Frage, wie nahe oder fern der Tod sei, jeweils so, als würde er mit einem Brennglas auf die Prioritäten seines Lebens gucken: „Man beschließt, wieder als Neurochirurg zu arbeiten, doch zwei Monate später kann man ganz anderer Ansicht sein. Vielleicht will man dann Saxofon spielen lernen oder sich mit Religion beschäftigen? Der Tod mag ein einmaliges Ereignis sein, doch sich mit einer tödlichen Krankheit zu beschäftigen, ist ein Prozess.

Vor der Krebsdiagnose wähnte sich der junge Mediziner am Anfang einer außergewöhnlichen Karriere als Arzt und Wissenschaftler. Seinen eigenen Krankheitsverlauf analysiert er dann auch mit großen Sachverstand. Aber er beschreibt zugleich, wie er es erlebt, von der Rolle des „Arztes“ in die des „Patienten“ zu wechseln. Mit fortschreitender Krankheit waren für ihn die Sterblichkeit und Morbidität kein fachmedizinisch zu behandelndes Problem mehr, sondern eine existentielle Herausforderung: „Meine Hybris als Chirurg war entlarvt.“

Diese Perspektivenerweiterung mündet für Kalanithi in eine Neudefinition des ärztlichen Ethos: „Die vorrangige Pflicht eines Arztes ist es nicht, den Tod abzuwenden oder einem Patienten sein altes Leben zurückzugeben, sondern einem Patienten und seinen Angehörigen Geborgenheit zu schenken und sie zu begleiten, bis sie mit ihrem Leben wieder selber zurechtkommen und einen Sinn in ihrer Existenz sehen.“

„Bevor ich jetzt gehe“ lautet der Titel des Buches, in dem er über seinen letzten Lebensabschnitt berichtet.